30.04.2018
70 Prozent der Deutschen werden von ihnen geplagt: Rückenschmerzen. Ein Pauschalrezept zur Behandlung gebe es allerdings nicht, machte Dennis Sankat, Chefarzt der Abteilung für Konservative Orthopädie und Spezielle Schmerztherapie des Krankenhauses Tauberbischofsheim, bei seinem Fachvortrag „Das Kreuz mit dem Kreuz“ deutlich.
Rückenschmerzen sind nicht automatisch Probleme des Rückens
Die Arten von
Rückenschmerzen seien genauso unterschiedlich wie ihre Ursachen. Um dem Problem
und seinem tatsächlichen Auslöser auf den Grund zu gehen, sei eine umfassende
Diagnostik wichtig, stellte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
sowie Spezielle Schmerztherapie in seinem Vortrag klar. "Manchmal sind
Rückenschmerzen wie die Büchse der Pandora, sie können aus verschiedenen und
mitunter sehr komplexen Ursachen entstehen, die nicht immer sofort zu
lokalisieren sind." Dabei müsse der Schmerz, den man im Rücken spürt nicht
automatisch von dort kommen. Bewegungsmangel, Übergewicht, Fehlhaltung, die
altersbedingte Abnutzung des Bewegungsapparates, verklebte Faszien, ein
Bandscheibenvorfall, psychische Probleme oder auch ernstere Erkrankungen - wie
zum Beispiel Tumorerkrankungen - seien unter anderem als Auslöser bekannt. Ist
der Kreuzschmerz erst einmal da, könne der Betroffene schnell in einen
Teufelskreislauf geraten. "Hat man Schmerzen im Rücken, nimmt man automatisch
eine Schonhaltung ein und vermeidet es möglichst, die schmerzende Stelle zu
belasten und versucht Bewegung zu vermeiden. Dadurch kann es schnell zum
Muskelabbau kommen, der schon nach etwa acht Tagen einsetzt. Auch eine
Gewichtszunahme ist möglich. Das belastet den Rücken zusätzlich und die
Beschwerden können sich verschlimmern oder sogar chronisch werden", sagte
Dennis Sankat. Deshalb sei es bei akuten Rückenschmerzen wichtig, die Ursachen
frühzeitig zu ermitteln und zu behandeln, um eine Chronifizierung zu
verhindern. Dabei gelte es, eine Übermedikation zu vermeiden und die Symptome
immer wieder zu kontrollieren und sehr gezielt mittels interdisziplinären
Maßnahmen zu therapieren.
Schmerzkliniken sind Mangelware
Angesichts der großen Verbreitung in der Bevölkerung, gebe es jedoch in Deutschland noch viel zu wenige und teilweise ungeeignete Therapieangebote. "Schmerzmedizinisch gesehen, ist Deutschland ein Entwicklungsland. Die Wege sind bisweilen noch zu kompliziert und die passende Therapie, z. B. in einer Abteilung wie unserer, bekommt man oft erst nach einer kräftezährenden Odyssee. Diesbezüglich ist das Netz in einigen Nachbarländern schon deutlich besser ausgebaut", erklärte Chefarzt Dennis Sankat. In seiner Abteilung für Konservative Orthopädie und spezielle Schmerztherapie sei man jedoch gut aufgestellt: "Unsere Abteilung hier am Standort ist klein aber fein. Wir können eine sehr breit gefächerte Therapie anbieten, die ein gekonntes Zusammenspiel aus Manueller Medizin, Osteopathie, Reflextherapie, medikamentöser und interventioneller Therapie, Physiotherapie, Medizinischer Trainingstherapie, Naturheil- und Entspannungsverfahren sowie - bei Bedarf - auch Psychotherapie anbietet." Patienten würden intensiv betreut und man erstelle für jeden einen individuellen Therapieplan. "Während Ihres etwa ein- bis zweiwöchigen Aufenthaltes, erhalten Sie 20-35 Anwendungen". Dieses, an ANOA, (kurz für Arbeitsgemeinschaft der nicht operativen orthopädischen manualmedizinischen Akutkrankenhäuser), angelehnte, multimodale Angebot habe sich seit der Gründung der Abteilung im vergangenen Jahr bewährt. "Unsere Aufgabe ist es, Ihnen die Lebensqualität wieder zu geben, das machen wir als starkes Team und in intensiver Zusammenarbeit mit Ihnen."
Bewegung ist das A und O
Die
wichtigste Grundregel um Rückenschmerzen vorzubeugen oder eine Chronifizierung
zu verhindern ist, laut Dennis Sankat, Bewegung. "Wir sind alle Menschen. Und auch
wenn uns die Couch nach einem anstrengenden Arbeitstag nahezu magisch
anzuziehen scheint: denken Sie an Ihren Rücken, treiben Sie Sport und achten
Sie dabei auf Kontinuität", so die Empfehlung des Arztes. Rückenfreundliche
Sportarten seien zum Beispiel Schwimmen, Wassergymnastik, Nordic Walking,
Radfahren, Yoga, Tanzen oder ganz klassische Rückengymnastik. Beim Training im
Fitnessstudio sollte man auf eine professionelle Anleitung Wert legen. Und bei
der Büroarbeit sei es wichtig, immer mal wieder kurz aufzustehen und die Treppe
dem Fahrstuhl vorzuziehen.