05.11.2018
Diagnose: Arthrose, Gelenkverschleiß. Ein häufiges Problem insbesondere bei älteren Menschen. Gut die Hälfte der Frauen sowie rund ein Drittel der Männer sind ab dem 60. Lebensjahr in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Im öffentlichen Fachvortrag „Neuerungen aus der Endoprothetik: Hüfte und Knie“ stellte Dr. Heiko Sprenger jetzt aktuelle Entwicklungen vor.
"Das
Älterwerden ist eine Herausforderung", sagte Dr. Heiko Sprenger. "Die allgemeine
Vitalität, Beweglichkeit und Gesundheit nimmt ab." Der natürliche
Alterungsprozess mache dabei auch vor den Gelenken nicht Halt. "Die meisten Arthrose-Fälle
sind primär bedingt, entstanden durch langjährige Fehl- oder genetisch bedingte
Vorbelastung", erläuterte der Facharzt für Orthopädie. Als sekundäre Arthrose
bezeichne man die Fälle, die nach Verletzungen oder nach Chemotherapie oder
Bestrahlung entstehen. Beide Arten der Arthrose zeigten aber gleichartige
Symptome, die sich als Veränderungen an Knorpel und - in fortgeschrittenem
Stadium - an Knochen, Bändern, Kapseln und der Gelenkinnenhaut äußern. "Wir
Orthopäden unterteilen den Knorpelschaden in vier Stadien. Hat man Schmerzen,
befindet man sich meist schon in Stadium drei oder vier. In diesen Fällen
besteht Handlungsbedarf", betonte Dr. Sprenger.
Bevor eine
Operation nötig wird, gebe es jedoch auch Möglichkeiten die schmerzende Körperregion
zunächst konservativ - also ohne Operation - zu behandeln, zum Beispiel mit
Schmerzmitteln, gezielter
Bewegungstherapie oder mithilfe von Gelenkspülungen, Punktionen, Hyaluronsäure,
Stoßwellentherapie, Akupunktur oder der sog. Radiosynoviorthese. Auch Wärme
oder Kälte könne helfen. "Probieren Sie aus, was Ihnen gut tut", so der Rat des
Facharztes.
Ist eine Operation unumgänglich, sei man als Betroffener in reger Gesellschaft. "Im vergangenen Jahr wurden in deutschen Operationssälen rund 186.000 künstliche Kniegelenke eingesetzt und mehr als 250.000 Hüftgelenks- und Hüftgelenkswechseloperationen durchgeführt." Gut 15 Jahre halte ein künstliches Gelenk, mitunter auch länger. "Auch 2 bis 4 Wechseloperationen sind möglich." Bei der Operation sei es deshalb essentiell, so viel wie möglich vom Knochen zu erhalten, um später - sofern nötig - eine Wechselprothese gut einsetzen zu können. Bei der Auswahl der passenden Prothese gebe es große Unterschiede und Vorlieben. Es nütze nichts, das neueste Modell einzusetzen, wenn man sich nicht zu 100 Prozent darauf verlassen könne, dass es auch das hält, was der Hersteller verspricht. Entscheidend bei der Auswahl eines passenden Gelenkersatzes sei der Patient. "Körperbau, Alter und Verträglichkeiten spielen eine große Rolle. Nicht jeder ist gleich. Jeder Eingriff ist individuell und die Prothese passgenau auf den jeweiligen Patienten abgestimmt", erklärte Dr. Sprenger. Das Gesamtkonzept der Therapie müsse stimmen. Beim Einsatz von Ersatzgelenken sollten Patienten auf das Knowhow eines erfahrenen Spezialisten vertrauen, riet er.
Ein
Qualitätskriterium sei zum Beispiel das Zertifikat als Endoprothetikzentrum der
Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Damit werden
nur Krankenhäuser ausgezeichnet, die überprüfbar gute Behandlungsstandards und
eine umfassende Therapie für ihre Patienten sicherstellen. Seit 2015 wurde auch
das Krankenhaus Tauberbischofsheim wiederholt mit diesem Qualitätszertifikat ausgezeichnet.
"Mit dem Endoprothetikzentrum haben wir vor drei Jahren einen neuen Weg
eingeschlagen. Wir haben unsere Behandlungsprozesse analysiert, verbessert und
vereinheitlicht", unterstreicht Dr.
Sprenger. Patienten könnten sich so darauf
verlassen, dass eine Behandlung immer den gleichen hohen Standards entspreche. Das
bedeute konkret, dass alle Abläufe vom Aufklärungsgespräch, über die erste
Blutabnahme, Röntgen und Operation bis hin zur Entlassung für jeden Patienten
gleich seien. "Wir stimmen uns im Team häufig ab, sprechen eventuelle Schwierigkeiten
durch und suchen zusammen nach Lösungen. Diese Kommunikation verbessert im Gesamten
das Ergebnis. Insofern ist das Zertifikat nicht das Wichtige, sondern vielmehr
das, was dahintersteckt."
Neben einer
optimalen operativen Versorgung sei für Patienten auch eine gute Nachbetreuung
wichtig, die genau auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt ist. "Wir
arbeiten Hand in Hand mit dem Pflegeteam der Station sowie den
Physiotherapeuten, die die Patienten nach dem Eingriff intensiv betreuen",
erklärte Dr. Sprenger. Eine Endoprothese könne nie so gut sein, wie ein
gesundes Gelenk. Aber ein stimmiges Gesamtkonzept mit einer guten postoperativen
Versorgung helfe dabei, die bestmögliche Beweglichkeit und Schmerzfreiheit für
den Patienten zu erreichen. Hier liege ein großer Vorteil eines kleineren
Krankenhauses, wie dem in Tauberbischofsheim - mit kurzen Wegen und einem
kleinem Kollegenkreis. Dr. Sprenger: "Die Patienten werden bei uns vom ersten Kontakt
bis zu ihrer Entlassung von den gleichen Personen begleitet. Wir kennen unsere
Patienten genau und können so optimal abschätzen, welche Betreuung sie
brauchen."
Jeder sei aber selbst gefordert, langfristig etwas für seine Gesundheit zu tun, appellierte Dr. Heiko Sprenger an die Besucher. Täglich 15 Minuten Bewegung wirke einem Muskelschwund entgegen und könne das Knorpelgewebe vor dem Verschleiß schützen. Auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszunahme trage nachhaltig auch zur Gelenkgesundheit bei. Dr. Sprenger: "Körperliche Bewegung hat auch Einfluss auf die geistige Beweglichkeit - vergessen Sie das nicht und geben Sie auf sich Acht."