11.06.2018
Für die mehr als 200 Besucher gab es beim Patiententag „Hilfe bei Durchblutungsstörungen“ im Krankenhaus TBB gute Nachrichten: Viele Durchblutungsstörungen lassen sich heute mit schonenden minimal-invasiven Verfahren behandeln. Mit dem Gefäßzentrum Tauberfranken gibt es ein Netz von Ärzten, die sich spezialisiert haben und bei der Behandlung abstimmen.
"In Zeiten
zunehmender Konkurrenz ist die Zusammenarbeit im Gefäßzentrum Tauberfranken zum
Wohl der Patienten wirklich zukunftsweisend", unterstrich Dr. Gerhard Schüder,
Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Krankenhaus Tauberbischofsheim.
Er beschäftigte sich in seinem Vortrag ebenso wie der Gefäßchirurg Dr. Thorsten
Gläser aus der Facharztpraxis Wertheim mit der Behandlung von Krampfadern.
Eigentliche Ursache für die Entstehung von Krampfadern sei der aufrechte Gang
des Menschen und schon aus der Antike seien erste Therapievorschläge
überliefert. "50 bis 80 % der erwachsenen Mitteleuropäer leiden unter varikösen
Veränderungen ca. 15 % sind behandlungsbedürftig", machte Dr. Gläser deutlich.
Frauen seien aufgrund von Schwangerschaften häufiger betroffen. Schäden an der
Venenwand führen danach zu einer Erweiterung der Venen und zu einer Schädigung
der Venenklappen. "Das Blut kann nicht mehr ausreichend zum Herzen
zurücktransportiert werden und die Neigung zu Entzündungen nimmt zu", so der
Gefäßchirurg. In einem frühen Stadium empfiehlt Dr. Gläser das Tragen von
Kompressionsstrümpfen. "Diese stabilisieren über den Druck von außen die
Venen". Bei ausgeprägten Befunden sei eine Operation erforderlich. "Das
Herausziehen der Krampfadern, das sog. Stripping ist nach wie ein wichtiges
Verfahren"; so Dr. Gläser. Daneben stellte er die sog. "Radiofrequenzablation"
vor. Dabei wird über einen kleinen Schnitt ein Katheter in die betroffene Vene
eingeführt. Dieser wird an der Spitze über Radiowellen erwärmt. "Durch die
Hitze werden die Eiweiße denaturiert und die Vene kollabiert, die Krampfader
verschwindet in der Folge." Dieses moderne schonende Verfahren sei allerdings
nicht für jeden Patienten geeignet. Neben der Facharztpraxis Wertheim und der
Praxis Dr. Schmidt in Tauberbischofsheim bietet auch das Krankenhaus in
Tauberbischofsheim dieses Verfahren an.
Eine
Behandlung der Krampfadern ist dabei nicht nur eine ästhetische Frage. Das
machte Dr. Schüder in seinem Vortrag deutlich. "Gefährlich sind vor allem die
drohenden Folgeschäden bei Nichtbehandlung", so der Chefarzt. Dazu gehören
Venenentzündungen, erhöhte Blutungsneigung und ein erhöhtes Thrombose-Risiko.
Eine häufige Folge seien außerdem die sog. "offenen Beine". Anhand von
eindrücklichen Fotos demonstrierte er die aufwändige Behandlung, die oft viele
Wochen und Monate dauern kann. "Moderne Vakuumverbände, silberbedampfte
Wundauflagen oder auch mit Algen belegte Verbände werden zwei bis drei Mal pro
Woche von speziell ausgebildeten Wundfachschwestern gewechselt. Manchmal sind
Hauttransplantationen erforderlich, um die Wunde zu decken." Wichtig sei es im
Anschluss, erneute Verletzungen zu vermeiden und Rückfälle zu verhindern.
Während
Krampfadern an den Beinen meist gut sichtbar sind, sind arterielle
Durchblutungsstörungen an den Beinen mit bloßem Auge nicht zu erkennen. "Die
Betroffenen klagen meist über starke Schmerzen in der Wade, ein Ziehen und
Brennen, das sich bessert, wenn sie stehen bleiben", betonte Dr. Jochen
Selbach, Chefarzt der Medizinischen Klinik 3 im Caritas-Krankenhaus Bad
Mergentheim. Ursache sei eine Verengung der Blutgefäße bis hin zu einem
Gefäßverschluss. "Ein plötzlicher Gefäßverschluss z. B. am Herzen führt zu
einem lebensbedrohlichen Herzinfarkt, an den Beinarterien droht das Absterben
von Gewebe bis hin zur Amputation von Zehen oder dem Fuß", machte der Leiter
des Gefäßzentrums Tauberfranken deutlich. Doch jeder könne dem vorbeugen, indem
er die "üblichen Verdächtigen" meide: "Nicht Rauchen, eine gesunde ausgewogene
Ernährung, regelmäßige Bewegung, Vermeidung von Übergewicht und Alkohol.
Übernehmen Sie selbst Verantwortung", empfahl der Internist.
Zur
Behandlung in einem frühen Stadium gebe es verschiedene bewährte Medikamente.
Die weiteren Verfahren stellte Privatdozent Dr. Ulrich Baum in seinem Vortrag
vor. Der Chefarzt für Diagnostische und Interventionelle Radiologie im Caritas-Krankenhaus
ging auf die Vor- und Nachteile der verschiedenen Diagnosemöglichkeiten wie Ultraschall,
CT und MRT ein. "Mit der sog. DSA gibt es dabei ein modernes Verfahren, bei dem
wir in einer Sitzung die verschlossenen Arterien erkennen und zugleich
behandeln können." Dabei werde bei örtlicher Betäubung über einen kleinen
Schnitt in der Leiste ein Katheter in die Arterie geschoben. "Mit einem kleinen
Ballon an der Spitze des Katheters dehnen wir die Engstelle auf und setzen einen
Stent ein, der das Gefäß offen hält." In manchen Fällen sei eine offene
Operation allerdings nicht vermeidbar. "In unserer interdisziplinären
Gefäßkonferenz mit Internisten, Neurologen, Chirurgen und Radiologen besprechen
wir im Caritas-Krankenhaus jeden Patienten, um das beste Verfahren für jeden
einzelnen zu finden. Und wir machen den Eingriff nur, wenn der zu erwartende Nutzen
größer ist, als das Risiko", so PD Dr. Baum.
Übergewicht, Rauchen, Diabetes und hoher Blutdruck sind auch die Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen der Baucharterien. Dies kann zu einer Ausdehnung und Aussackung der Blutgefäße führen. "Ab einem Durchmesser von 5,5 cm und mehr bei Männern und 5,2 cm bei Frauen empfehlen wir dringend eine Behandlung, sonst droht eine Ruptur, ein Reißen des Blutgefäßes mit lebensgefährlicher Blutung", erläuterte Prof. Dr. Peter Baier, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie im Caritas-Krankenhaus. Vor allem ältere Männer seien von einem solchen Aortenaneurysma betroffen. Um eine Stabilisierung der Blutgefäße zu erreichen ist - ähnlich wie bei den Beinarterien - ein Eingriff mit einem Katheter und das Einsetzen eines Stents möglich. Um die Aussackung frühzeitig zu erkennen, empfahl Prof. Dr. Baier allen Männern ab 65 Jahren eine Ultraschalluntersuchung beim Haus- oder Facharzt.
Neben den
Vorträgen und in den Pausen informierten Sanitätshäuser und die Stern-Apotheke
über Hilfsmittel für den Alltag. Die Physiotherapeutin Anett Kappus
demonstrierte Übungen, um Durchblutungsstörungen vorzubeugen. Viele Besucher
nutzten außerdem die Gelegenheit, direkt mit den Ärzten ins Gespräch zu kommen.