22.12.2017
Der Leiter des Bildungszentrums „Gesundheit und Pflege" am Krankenhaus Tauberbischofsheim geht in den Ruhestand.
Am Donnerstag 23. November um 12:15 Uhr war es soweit: zum letzten Mal stellte sich Olaf Kirschnick vor "seinen" Unterkurs und hielt nach mehr als 39 Berufsjahren die letzte Unterrichtsstunde als Lehrer für Pflegeberufe. Mit Ende dieses Jahres geht der Leiter des Bildungszentrums "Gesundheit und Pflege" am Krankenhaus Tauberbbischofsheim in Ruhestand.
Insgesamt 42 Jahre war Olaf Kirschnick im Krankenhaus in Tauberbischofsheim tätig und der Anfang im Taubertal war nicht eben freiwillig: Nach seiner Ausbildung zum Krankenpfleger in Tuttlingen und der anschließenden Anästhesie- und Intensivweiterbildung an der Universitätsklinik Würzburg sollte er zur Bundeswehr. Doch der bekennende Christ hielt nichts vom Dienst an der Waffe und wurde als "Kriegsdienstverweigerer" zur Ableistung des Zivildienstes verpflichtet. Sein Einsatzort: das damalige Kreiskrankenhaus in Tauberbischofsheim. "Als ausgebildeter Anästhesie- und Intensivpfleger wurde ich vor allem im OP eingesetzt", erinnert sich der 62jährige. "Damals gab es noch keine Anästhesisten und wir Pfleger haben die Narkosen in Absprache mit den Chirurgen selbst gemacht."
Er überzeugte seine Kollegen und Vorgesetzten aber nicht nur durch seine pflegerischen Kenntnisse, auch sein soziales Engagement fiel positiv auf und nicht zuletzt sein musikalisches Talent als Posaunist bei der Weihnachtsfeier im Krankenhaus. So wurde auch der damalige Landrat Bruno Rühl auf ihn aufmerksam, der dringend einen Lehrer für die Pflegefachschule am Krankenhaus suchte. Mit Unterstützung des Kreises absolvierte Kirschnick daraufhin die Weiterbildung zum "Lehrer für Pflegeberufe und Entbindungspflege" in Frankfurt.
Schon während der Ausbildung unterrichtete er an der damals von Franziskanerinnen geführten Krankenpflegeschule unter Leitung von Sr. Urbana. Am 1.10.1979 übernahm er von ihr die Leitung der Schule und war mit 24 Jahren damals der jüngste Schulleiter in Baden-Württemberg, kaum älter als die Schülerinnen und Schüler, die er künftig unterrichtete. Eine Bedingung musste er daher zuvor noch erfüllen. "Ich musste heiraten", erzählt Olaf Kirschnick schmunzelnd. So kommt es, dass er nun schon 38 Jahre mit seiner Frau Doris verheiratet ist, die ebenfalls lange Jahre als Krankenschwester in der Psychiatrie im Krankenhaus Tauberbischofsheim arbeitete. "Am Anfang war das schon eine große Herausforderung und als junger Schulleiter musste man sich natürlich beweisen", berichtet Kirschnick von den Anfangsjahren. Und noch heute denkt er mit Stolz an den ersten von ihm ausgebildeten Examenskurs zurück. "Mit den Examinierten von damals habe ich heute noch Kontakt."
Mehr als 820 angehende Pflegekräfte hat Olaf Kirschnick seither ausgebildet, rund 15.500 Unterrichtsstunden gehalten und sich auch selbst immer weitergebildet, neues Wissen hinzugelernt, um es an seine Schüler weitergeben zu können. So absolvierte er 1983 die Ausbildung zum Rettungssanitäter, 1990 auch zum Rettungsassistenten und schloss dann die Weiterbildung zum Lehrrettungsassistenten an. Die Arbeit bei Rettungseinsätzen eröffnete für ihn noch ein weiteres Betätigungsfeld. "Ich habe gespürt, wie wichtig es ist, Menschen in Krisensituationen zu begleiten." Und auch diese Arbeit wollte er - wie schon bei seinen Tätigkeiten zuvor - gründlich und gut ausgebildet angehen. So begann er eine theologische Ausbildung zum Prädikanten der evangelischen Landeskirche Baden in Freiburg, die er 1994 abschloss. "Das christliche Menschenbild war mir immer wichtig, in allem was ich getan habe", betont Kirschnick "Auf dieser Basis habe ich auch die Berufsfachschule für Pflegeberufe geleitet und versucht, dieses Menschenbild an meine Schülerinnen und Schüler weiterzugeben." Dazu gehörte für ihn auch, als Lehrer für seine Schüler und deren Eltern in schwierigen Situationen immer ansprechbar zu sein. "Liebeskummer, eine ungeplante Schwangerschaft, der Tod eines nahen Angehörigen - die Auszubildenden konnten sich immer an mich wenden und gemeinsam haben wir nach einer Lösung gesucht", erzählt er rückblickend.
Dabei hat sich aus seiner Erfahrung die Schülergeneration heute im Vergleich zu den 80er und 90er Jahren geändert. "Früher kamen die Auszubildenden direkt von der Schule und konzentrierten sich ganz auf die Ausbildung. Die jungen Menschen heute sind nicht mehr so belastbar und haben viel mehr um die Ohren." Manchmal fehle auch die Erziehung vom Elternhaus. "Wir müssen regelrecht Erziehungsarbeit leisten und den jungen Leuten banale Verhaltensregeln beibringen", beschreibt Kirschnick die Veränderung. Ein respektvoller Umgang miteinander sei eben auch Teil der Ausbildung. Auch an den Fachkenntnissen mangelt es mitunter. "Es fehlen heute häufig Grundkenntnisse in Deutsch, Mathematik, Chemie und Physik und zwar sowohl bei den Realschülern wie bei den Abiturienten. Hier müssen wir oft im Unterricht Grundlagen nachholen."
Und doch hat der scheidende Schulleiter bis zuletzt viele gute und sehr gute Absolventen zum Examen geführt. Und er ist stolz darauf, dass es an der Krankenpflegeschule in Tauberbischofsheim nur sehr wenige Abbrecher gab und gibt. "Diejenigen, die zu uns kommen, wollen auch in die Pflege und sie sind in der Regel super." Als Dank für die besondere Förderung und Begleitung durch ihren Schulleiter hat Kirschnick vom letzten Oberkurs eine Art "Poesiealbum" geschenkt bekommen mit Bildern und kleinen persönlichen Geschichten zum Abschied. Ein Abschied, der Olaf Kirschnick nach diesen vielen Jahren spürbar schwer fällt. "Das ganze Arbeitsleben weiß man, dass der Ruhestand kommt, und dann ist man doch überrascht, wenn es soweit ist. Die jungen Menschen zu unterrichten ist bis zur letzten Stunde mein Traumberuf gewesen, der Umgang mit den Schülern und Lehrern wird mir fehlen." In Zukunft will er weiter als Fachautor für Pflegebücher arbeiten und auch sein Engagement in der evangelischen Kirche ausbauen. Und dann sind da noch die beiden Kinder und zwei Enkelkinder, die in Kürze ganz in der Nähe leben werden, und auch die betagten Eltern. "Jetzt stehen meine Frau und meine Familie an erster Stelle, die mir immer den Rücken freigehalten haben", blickt Kirschnick nach vorne. "Darauf freue ich mich."