28.04.2015
Viele ältere Menschen leiden unter Knie- oder Hüftschmerzen meist als Folge von altersbedingten Abnutzungserscheinungen – und mit steigender Lebenserwartung stehen immer mehr Menschen auch in unserer Region vor der Entscheidung, sich ein künstliches Gelenk einsetzen zu lassen. Was gerade ältere Menschen bei dieser Frage beachten sollten, fasste Dr. Michael Schneider, Chefarzt der Abteilung Chirurgie im Krankenhaus Tauberbischofsheim, in seinem öffentlichen Vortrag „Knie- und Hüftprothetik beim älteren Menschen – was ist sinnvoll?“ vor rund 80 interessierten Zuhörern im Seniorenzentrum Haus Heimberg zusammen. Sein Fazit: „Das Alter allein sollte grundsätzlich kein Hindernis für eine Hüft- oder Knieprothese sein; Voraussetzung sind allerdings eine ausführliche Beratung und eine maßgeschneiderte Therapie."
In seinem Vortrag
verwies Dr. Michael Schneider zunächst auf die besonderen Bedürfnisse älterer Patienten.
"Entscheidend ist nicht allein die Gelenkerkrankung sondern die Ko-Morbidität,
denn die meisten älteren Menschen leiden neben den Gelenkbeschwerden unter zusätzlichen
Begleiterkrankungen", so der Chefarzt. Bluthochdruck, Diabetes oder Herzerkrankungen
müssten daher im Vorfeld einer möglichen Operation abgeklärt werden. "Ältere
Menschen haben außerdem oft weniger Muskelmasse und damit weniger Kraft." Auch
Osteoporose, Schwindel oder ein sensomotorisches Defizit müssten bei der
Entscheidung für eine Therapie berücksichtigt werden.
Für Dr.
Schneider ist es darüber hinaus wichtig, das jeweilige Therapieziel zu klären. Welche Ansprüche hat der Patient an seine Beweglichkeit? Will er wieder
reisen, wandern, tanzen gehen? Oder vielleicht nur sein Haus und seinen Garten
versorgen können? Dabei sei nicht das kalendarische Alter eines Patienten
entscheidend, sondern sein individueller Gesundheitszustand. "Im Krankenhaus Tauberbischofsheim
nehmen wir uns daher viel Zeit, diese Fragen mit dem Patienten zu besprechen." Grundsätzlich
nannte er drei Kriterien, die bei einer Hüft- oder Knieprothese für ältere
Menschen erfüllt sein müssen: "Das künstliche Gelenk muss stabil sein, es muss
die Beweglichkeit des Betroffenen fördern und es muss sicher sein."
An einigen Fallbeispielen zeigte der Chefarzt im Anschluss anschaulich die unterschiedlichen Optionen auf. Bei Patienten mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von noch rund zehn bis 15 Jahren verwende man z. B. grundsätzlich eine zementfreie Hüftprothese. "Damit ist ein eventueller Wechsel der Prothese später leichter möglich." Bei schlechter Knochenqualität etwa als Folge von Krankheiten oder der Nebenwirkung von Medikamenten, empfiehlt der erfahrene Chirurg dagegen zementierte Prothesen. Auch am Kniegelenk biete sich abhängig vom jeweiligen Patienten z.B. eine knochenschonende Oberflächenersatzprothese an. Falls möglich sollte außerdem keine Vollnarkose sondern eine Regionalanästhesie eingesetzt werden.
In seinem
Vortrag ging Dr. Schneider auch auf die häufig gestellte Frage nach dem
richtigen Zeitpunkt für eine Operation ein. "Einen allgemeingültigen Zeitpunkt
für einen Gelenkersatz gibt es nicht", stellte er klar. Entscheidend seien der
Leidensdruck und das individuelle Schmerzempfinden. "Wenn Sie in ihrer
Lebensqualität im Alltag erheblich eingeschränkt sind, dann ist der richtige
Zeitpunkt." Als Faustregel gelte: "Je aktiver der Patient und je höher seine
Einschränkung, umso eher sollte er sich für eine Operation entscheiden."
Im Anschluss
beantwortete der Mediziner die Fragen aus dem Publikum. Seine Botschaft zum
Abschluss: "Ein Gelenkersatz ist für ältere Menschen dann sinnvoll, wenn ihre
Lebensqualität damit steigt und sie ihren Alltag wieder besser und ohne
Schmerzen bewältigen können."
Info: Das
Bildungszentrum "Gesundheit und Pflege" am Krankenhaus Tauberbischofsheim
veranstaltet regelmäßig Vorträge zu medizinischen Themen. Die Dauer beträgt
circa eine Stunde. Der Eintritt ist frei. Nähere Informationen gibt es im
Bildungszentrum "Gesundheit und Pflege" am Krankenhaus Tauberbischofsheim,
Albert-Schweitzer-Straße 35, Telefon 09341 800-1271, E-Mail: Bildungszentrum@khtbb.de