05.04.2014
Rund 180 Interessierte nutzten am 5. April im Caritas-Krankenhaus die Gelegenheit, um sich über verschiedene Erkrankungen der Blutgefäße zu informieren. Im Mittelpunkt standen das diabetische Fußsyndrom, die Erweiterung der Bauchaorta und die Behandlung von Krampfadern.
Alle Referenten betonten in ihren Vorträgen, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Fachärzte bei der effektiven Therapie von Gefäßerkrankungen ist, wie sie im gemeinsamen Gefäßzentrum von Caritas-Krankenhaus und Krankenhaus Tauberbischofsheim angeboten wird. Die kontinuierliche Überwachung durch den Hausarzt oder Facharzt ist gerade bei einer Erweiterung der Bauchschlagader sehr wichtig, betonte der Prof. Dr. Peter Baier, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie im Caritas-Krankenhaus. "Der Durchmesser der Bauchschlagader beträgt normalerweise ca. 1,5 cm, sie kann sich jedoch bis zu einem Durchmesser von etwa acht Zentimetern ausweiten - mit gefährlichen Folgen."
Überwachung der Bauchschlagader
Die Widerstandsfähigkeit der Gefäßwand lasse nach und es drohe eine Ruptur, also das Reißen der Aorta. "Rund 80 % der Betroffenen stirbt an den Folgen der Ruptur, nur wenige erreichen überhaupt noch das Krankenhaus, da sie schon vorher verbluten", machte der Gefäßchirurg die Gefährlichkeit der Erkrankung deutlich. Er empfiehlt daher allen Männern über 65 Jahre das Screening der Bauchschlagader beim Hausarzt, ebenso bei Frauen, wenn diese zusätzliche Risikien wie eine familiäre Vorbelastung aufweisen, stark rauchen oder unter Arteriosklerose leiden. "Bei einem Durchmesser der Bauchaorta von mehr als 3,5 bis 4cm sollte nach einem Jahr ein weiteres Screening erfolgen, um eine gefährliche Aussackung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln", so Prof. Baier.
Stabilisierung der Gefäßwand
Ziel der Therapie sei es die Aussackung zu beseitigen und die Gefäßwand zu stabilisieren. "Dies ist sowohl durch eine offene Operation wie durch eine sog. endovaskuläre Aneurysma-Reparatur (EVAR) möglich, bei der das Gefäß quasi von innen mit einem Stent abgedichtet wird." Welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, besprechen die beteiligten Fachärzte des Gefäßzentrums in ihrer wöchentlichen Gefäßkonferenz. "So profitieren die Patienten direkt von den unterschiedlichen Fachkompetenzen", betonte Dr. Jochen Selbach, Chefarzt der Medizinischen Klinik 3, der den Patiententag moderierte.
Moderne Untersuchungsmethoden
Die unterschiedlichen diagnostischen Möglichkeiten sowie die jeweiligen Vorteile einzelner Untersuchungsmethoden stellte Privatdozent Dr. Ulrich Baum den Besuchern mit beeindruckenden Bildern vor. Neben dem Ultraschall nannte er die MR-Angiographie, CT-Angiographie und die Digitale Subtraktionsangiographie (DSA). "Die unterschiedlichen Darstellungen liefern uns jeweils bestimmte Informationen, die wir für verschiedene diagnostische Fragestellungen brauchen", erläuterte der Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Bei der DSA sei es außerdem nicht nur möglich die Gefäße detailliert darzustellen und Engstellen zu diagnostizieren. "Im selben Eingriff können wir verschlossene Blutgefäße zugleich behandeln und die Durchblutung wiederherstellen", so der Radiologe.
Erhöhtes Risiko für Diabetes-Patienten
Häufig betroffen von solchen Gefäßerkrankungen sind Diabetes-Patienten. "Rund fünf Prozent der Diabetiker erkranken jährlich neu am sog. Diabetischen Fußsyndrom DFS", so Dr. Karl Zink, Oberarzt in der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim. Hintergrund seien Durchblutungsstörungen der Füße und Beine, die durch die genannten Maßnahmen wie z.B. Stents oder DSA behandelt werden können. "Hinzu kommt oft ein Nervenleiden, die Polyneuropathie. Dabei verlieren die Patienten ihr Temperatur- und Schmerzempfinden und damit eine entscheidende Warnfunktion", erläuterte der Diabetologe. "Durch zu enge Schuhe entstehen Druckgeschwüre und Entzündungen. Auch Verbrennungen etwa durch zu heiße Wärmflaschen werden von den Betroffenen gar nicht bemerkt." Leider gebe es kein Medikament, das die Neuropathie heilen kann. "Deshalb ist es so wichtig den Blutzucker richtig einzustellen" mahnte Dr. Zink. Wichtig sei außerdem die tägliche Selbstkontrolle und Inspektion der Füße, um Verletzungen frühzeitig zu entdecken und zu behandeln. "Ihre Füße sind wie Juwelen, nicht so schön, aber genauso wertvoll", gab er den Besuchern mit auf den Weg.
Behandlung von Krampfadern
Diesem Appell schloss sich auch Hans-Jürgen Dreher, Oberarzt im Krankenhaus Tauberbischofsheim, an, der moderne Behandlungsverfahren bei Venenleiden vorstellte. Er ging speziell auf die Therapie von Krampfadern ein, eine Erkrankung, die etwa jede 3. Frau und jeden 5. Mann in Deutschland betrifft. Der Begriff leite sich vom mittelhochdeutschen Wort "Krummadern" ab und beschreibe damit gut das Erscheinungsbild, das zunächst meist am Unterschenkel, später auch am Oberschenkel auftrete. "Ursache hierfür sind Venenklappen, die nicht mehr gut schließen. Damit ist der Rückfluss des venösen Blutes zum Herzen in die oberflächlichen und tiefen Beinvenen gestört", so der Chirurg und Phlebologe (Experte für Venenerkrankungen). Unbehandelt bestehe das Risiko von Venenentzündungen (Thrombose), aber auch die Gefahr, dass sich Geschwüre bis hin zum "offenen Bein" bilden können.
Radio-Frequenz- Methode als moderne Therapie
Als Therapie stellte Dreher neben den chirurgischen Maßnahmen wie dem sog. Stripping oder der Miniphlebktomie, bei denen die Venen stadiengerecht entfernt werden, auch die sog. "Radiofrequenz-Therapie" vor. "Bei diesem endovenösen Verfahren wird unter Ultraschallkontrolle eine Sonde in die betroffene Vene vorgeschoben. An deren Spitze entstehen Temperaturen von 90 Grad, wodurch die Vene beim Zurückziehen verschrumpft und verschlossen wird", erläuterte Dreher das Verfahren. Er wies allerdings auch auf vorbeugende Maßnahmen hin, damit Krampfadern erst gar nicht entstehen: "Sportliche Betätigung wie Gymnastik, Joggen, Schwimmen oder Walken können helfen, ebenso wie ausreichend Trinken, kalte Güsse und eventuell eine Gewichtsreduktion", nannte er als Empfehlung. Konkrete Anleitung zu Venengymnastik gab der Physiotherapeut Patrick Sinn von der Physiotherapieschule Sanitas. Außerdem boten verschiedene Sanitätshäuser Blutdruck- und Fußdruckmessungen an, bei denen die Besucher ihr Risiko für Gefäßerkrankungen testen lassen konnten. Intensiv nutzten die Besucher außerdem die Gelegenheit mit den Ärzten ins Gespräch zum kommen.
Info: Gefäßzentrum Tauberfranken: Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim Tel. 07931 58-29 58 oder 58-31 58; Krankenhaus Tauberbischofsheim: Tel. 09341 800-1261.